…am kommenden 6. Fastensonntag ist Palmsonntag und gedenken wir des feierlichen Einzugs Jesu in Jerusalem.
Es wird aber auch die Leidensgeschichte Jesu bis hin zur Kreuzigung erzählt. Ein Sonntag also, der gegensätzlicher nicht sein kann.
Als Kind habe ich mir das immer sehr plastisch und phantasievoll vorgestellt. Jesus, der ganz bescheiden auf einem Esel reitet wird ein wahrhaft königlicher Empfang bereitet, dass fand ich großartig. Ich spürte die Freude der Menschen, die ihn als ihren König begrüßten.
Umso größer war meine Wut und meine Hilflosigkeit im weiteren Verlauf der Geschichte. Jesus wird von den gleichen Menschen die vorher „Hosanna dem Sohn Davids“ gerufen haben ans Kreuz gewünscht. Eine Strafe, die an Brutalität kaum zu überbieten ist.
Ich hatte eine Stinkwut auf die feigen und verräterischen Menschen
Jerusalems die ihre Meinung so schnell ändern konnten. Und auf die
brutalen Römer, die letztlich ungeprüft und stumpf ihrem Befehlen
gehorchend Jesus ans Kreuz schlugen.
Und heute, mit den Augen eines Erwachsenen betrachtet. Wie beurteile ich heute diese Sache?
Sicher, der kindliche Eifer ist weg – Schade eigentlich -, aber eine
betroffene Nachdenklichkeit stellt sich auch heute noch ein, wenn ich
die Passionsgeschichte höre.
Vor allem, wenn ich über das Verhalten der Menschen nachdenke die Jesus
zuerst gefeiert und dann haben fallen lassen. Kann ich Sie wirklich
verurteilen? Geht es mir und anderen vielleicht heute oft genug nicht
ähnlich?
Wie schnell sind wir von jemand anfänglich begeistert und lassen ihn
fallen, wenn er uns nicht mehr ins Konzept passt. Wenn er unbequem oder
nervig wird. Wenn er uns in Frage stellt uns auf unsere eigene
Unzulänglichkeit oder auf unsere Begrenztheit hinweist. Wenn er die
Wahrheit spricht und uns zu einem Richtungswechsel auffordert.
So was hören wir nicht gern, in unserer Welt wo Stärke zählt. So jemand
soll gefälligst den Mund halten und ganz schnell wieder aus unserem
Leben verschwinden.
Vielleicht bietet gerade der Palmsonntag die Gelegenheit darüber
nachzudenken, wo wir jemanden haben fallen lassen weil er nicht in
unser Konzept passt.
Und vielleicht meint gerade die
Leitlinie
…als Pfadfinderin, als Pfadfinder begegne ich allen Menschen mit
Respekt und habe alle Pfadfinderinnen und Pfadfinder als Geschwister.
Den anderen anzunehmen wie er ist. Seine Meinung zuzulassen. Sich von
ihm anregen zu lassen. Ihn nicht vor zu verurteilen, ihn nicht hängen
lassen, wenn´s mal schwierig wird.
Ich wünsche Euch und mir, dass dies immer mehr und öfter gelingt.
Eine gesegnete Karwoche
Thomas Kleibrink
Kurat der Siedlung Marcel Callo Wedel / Uetersen